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Das Foto zeigt Maria Hölzer (Mitte) mit ihren minderjährigen Kindern 1943 in der Verbannung in Katenis. Von links oben: Sohn Eduard, Sohn Arnhold, Tochter Erna, Tochter Emma (meine Mutter), Walter und Maria (Familie des Sohnes Heinrich).

Emma Kromm

Geschrieben von Natalie Kromm aus Frankfurt am Main am .

Die Familie meiner Mutter, Emma Kromm (geb. Hölzer), lebte vor der Deportation an der Wolga, zuletzt im Dorf Lindenau. Meine Mutter wurde dort am 12. März 1938 geboren und war die jüngste Tochter von Heinrich Hölzer (1887, Anton – 1955, Slawgorod) und Maria Hölzer (geb. Repp 1893, Gnadenfeld – 1943, Katenis).


Emma Kromm (geb. Hölzer)
Emma Kromm (geb. Hölzer)

Deportiert, repatriiert oder repressiert von:
Lindenau (Wolga)

Deportiert, repatriiert oder repressiert nach:
Katenis (Sibirien)

Das Schicksal der Deportation ereilte die Familie am 9. September 1941, als sie aus Lindenau über die Station Bezymennaja mit dem Zug Nr. 782 nach Sibirien, zunächst nach Tschany, dann weiter in das Dorf bzw. die Sondersiedlung Katenis verbracht wurde. Die Familienmitglieder wurden bald getrennt, der Vater verhaftet, der älteste Sohn Heinrich nach Iwdellag, die beiden ältesten Töchter Lydia und Maria nach Sysran in die Trudarmee verschleppt. Der zweitälteste Sohn Reinhold war bereits 1941 in Engels verhaftet worden.

Das Foto zeigt Maria Hölzer (Mitte) mit ihren minderjährigen Kindern 1943 in der Verbannung in Katenis. Von links oben: Sohn Eduard, Sohn Arnhold, Tochter Erna, Tochter Emma (meine Mutter), Walter und Maria (Familie des Sohnes Heinrich).

Den Hunger und die Sorgen um die Kinder hat Maria Hölzer nicht verkraftet und starb am 3. Dezember 1943 an den Folgen eines Schlaganfalls. Ihr Sohn Heinrich verhungerte im gleichen Jahr im Iwdellag als Arbeiter Nr. 8041, er war noch keine 30 Jahre alt (das Porträtfoto wurde 1940 aufgenommen).

„Liebe teure Geschwister,

haben gestern Abend euren Brief vom 24. November [1943] mit Freude und Trauer erhalten. Liebe Geschwister. Die Mama lebt nicht mehr. Sie starb den 3. Dezember. Sie starb ganz still. Ein Tag hat sie gelegen ohne gesprochen und die Augen aufgemacht. Versorgt hab ich sie immer. Habe sie gebadet. Und alle Tag mit heiß Wasser die Füße gewaschen, da konnte sie auch schnell aus dem Bett, sie hat schon manchmal mit uns am Tisch gesessen… Ich war so froh, dass sie schon so viel besser war. Ich und die Mama haben im Bett gelegen des Morgens, wenn wir wach sind geworden, haben wir gesungen… Dann war ich immer so glücklich, dass ich noch eine Mutter hatte, sie war auch so froh, dass ich zuhause bei ihr war. Sie sagt oft, was wäre ich doch ohne meine Kinder… Die Mama ist tot. Nur wir 4 Kinder sind noch, wenn ich mich rein denke, ist’s zum Verrückt werden. Ich habe heute Nacht mir ein Kopf angedenkt, wie mit dem Essen und dann … Ich habe schon wenig Hoffnung, dass wir noch mal zusammen kommen. Das zu überleben ist arg. Vom Papa bekommen wir keine Briefe…“




Diesen Brief schrieb Tochter Erna am 7. Dezember 1943 an die beiden Schwestern Lydia und Maria nach Sysran. Als 16-Jährige blieb sie mit den kleinen Geschwistern unter den schrecklichen Bedingungen der Verbannung zunächst alleine zurück. Die beiden kleinen Brüder Arnhold und Eduard mussten in der Kolchose Arbeiten verrichten, die sonst erwachsene Männer bewältigen. Sie haben die Familienmitglieder vor dem Verhungern bewahrt, auch dann noch als Lydia und Maria aus der Zwangsarbeit zurückkehren konnten. Erna starb 1950 als junge Frau noch in der Verbannung an Tuberkulose.

Das hier Geschilderte ist nur ein Fragment aus den schrecklichen Erlebnissen meiner Familie, die das Schicksal so vieler Russlanddeutscher teilt.

Im Januar 1977 übersiedelten wir – mein Vater Heinrich Kromm, meine Mutter Emma Kromm, mein Bruder Andreas und ich nach Deutschland. Ich bin meinen Eltern zutiefst dankbar für ihre Kraft und ihre Liebe und gedenke meiner Verwandten.




Natalie Kromm

mit Foto ihrer Familie (Das Foto zeigt Maria Hölzer (Mitte) mit ihren minderjährigen Kindern 1943 in der Verbannung in Katenis. Von links oben: Sohn Eduard, Sohn Arnhold, Tochter Erna, Tochter Emma, Walter und Maria (Familie des Sohnes Heinrich)).

Natalie Kromm mit Foto ihrer Familie (Das Foto zeigt Maria Hölzer (Mitte) mit ihren minderjährigen Kindern 1943 in der Verbannung in Katenis. Von links oben: Sohn Eduard, Sohn Arnhold, Tochter Erna, Tochter Emma, Walter und Maria (Familie des Sohnes Heinrich)).




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