Adolf Stumpf (1920-1999)
Wenn ich über das Leben meines Urgroßvaters Adolf Stumpf reflektiere, kommt es mir vor, dass dies im Vergleich mit meinem Leben sehr anstrengend und problemvoll war. Es gab viele Herausforderungen für ihn, die er überwinden musste. Ich bin davon überzeugt, dass all die Jahre, die er gelebt hatte, für ihn weder leicht noch einfach waren.
Adolf Stumpf (1920-1999)
Deportiert, repatriiert oder repressiert von:
Region Ordshonikidse, Russland
Deportiert, repatriiert oder repressiert nach:
Rayon Losowskij, Gebiet Pawlodar, Kasachstan
Er wurde 1920 als Sohn von Georg Stumpf und Sophia (geb. Kampf) in der Kolonie Dawsun, Region Stawropol, in Russland geboren. Als Jugendlicher verlor er beide Eltern, die vermutlich an der Hungersnot im Jahr 1922 verstarben. Der Uropa, damals eigentlich ein noch sehr junger Bursche, wurde schon in frühen Jahren seiner Jugend gezwungen, trotz aller Not zu überleben. Er arbeitete bei verschiedenen Bauern und weidete die Tiere. Die Lebensbedingungen dieser Zeit waren ziemlich schwierig, sodass er tagein, tagaus sogar im Stall übernachten musste.
Als es zum Ausbruch des Kriegs im Jahre 1941 kam, wurde er, sowie alle andere Deutschen in der Sowjetunion, im Auftrag Stalins und seiner Regierung nach Nordkasachstan deportiert. 1942 wurde er als Deutscher zur Zwangsarbeit verurteilt und ins Straflager, zur sogenannten Arbeitsarmee (Trudarmija), geschickt. Zusammen mit anderen Deportierten wurde er gegen seinen Willen unter schrecklichen, sogar unmenschlichen Bedingungen zu schwieriger Arbeit gezwungen. Viele davon sind nie nach Hause zurückgekehrt und starben unter katastrophalen hygienischen Bedingungen, an Krankheiten und Erschöpfung.
Es ist kein Wunder, dass Uropa Adolf als 22-jähriger Junge an Skorbut erkrankte. Laut den Erinnerungen, die in der Familie weitererzählt wurden, starben die Menschen so rasch, dass es unmöglich war, sie alle würdig zu begraben. Mein Uropa verlor fast alle Zähne und wurde so krank, sodass er im Jahr 1944 aufgrund der Novellierung der Gesetze entlassen und ins Dorf Gnadental (später Borissowka genannt) im Gebiet Pawlodar, nach Kasachstan zurückkehren konnte, um sozusagen „ruhig zu sterben“! Nichtsdestotrotz hatte er dank der göttlichen Gnade und seinem starken Charakter diese Qualen überlebt und ist schnell gesund geworden. Im Jahre 1947 hatte er Katherina (geb. Dinkel) geheiratet und in dieser Ehe viele Kinder großgezogen, unter denen auch mein Großvater Reinhold (Roman) Stumpf war. Fast sofort nach der Rückkehr aus dem Straflager wurde er im Kolchos (Kollektivwirtschaft) im Dorf Gnadental als Brigadeleiter (Brigadier) angestellt. Die Zeitgenossen erzählten, dass er ein fleißiger und aufrichtiger Arbeiter war. Er war immer freundlich und ging, wo es nötig war, in diesen sehr schweren Jahren mutig voran.
Meinen Uropa kann man sicher als einen fleißigen, arbeitsamen und gläubigen Mann bezeichnen, der sich sein ganzes Leben abmühte und mit seiner handwerklichen Arbeit für seine Familie sorgte. In der Zeit nach dem Untergang der Sowjetunion in den 90er Jahren bereitete er sich zusammen mit der ganzen Familie vor, um nach Deutschland umzuziehen. In der Heimat seiner Vorfahren hatte er letztendlich die ewige Ruhe gefunden und verstarb in 1999 in Euskirchen, NRW.
Hermann Stumpf
schreibt über seinen Urgroßvater Adolf Stumpf.
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