Skip to main content
Maria Gerber (*1925)

Maria Gerber *1925

Geschrieben von Alexander Kühl für Vira e.V.


„Ich erinnere mich noch sehr gut an den Regierungserlass vom 28. August, der damals über die große Radioschüssel gesendet wurde. Stalin sagte, dass alle Personen mit deutschem Namen „aufgefordert“ werden, ihre Heimat zu verlassen... Man müsse den Feind zu Hause und an der Front bekämpfen.“ So verstand Maria die Aufforderung Stalins. „Ich wunderte mich, dass Stalin alle Deutschen in Russland, die über Generationen hinweg in diesem Land lebten, als Feinde bezeichnete“.

Maria Gerber wurde mit ihrer Familie nach Tara in Sibirien, deportiert. Am Verbannungsort bekam sie eines Tages ein amtliches Schreiben. Sie bat ihre Nachbarin, ihr dieses vorzulesen.

„Die Nachbarin sagte zu mir: „Maria, du musst weg“. Doch ich verstand nicht, was man von mir wollte. Ich war doch fast noch ein Kind... Hilfsbereit schickte mich meine russische Nachbarin zu ihrem Mann, der als Buchhalter arbeitete. Ich sollte mich schon am nächsten Morgen im „Dom oborony“ (Haus der Verteidigung, eine Militär-Kommamdantur) einfinden. Bei meiner Ankunft waren schon viele andere Frauen da, mit denen sie mich ohne Verzögerung auf einen geschlossenen LKW steigen ließen“.

„Meine schlimmste Erinnerung an diesen Tag ist die an eine Frau mit einem kleinen Kind“. Maria erzählte über die Frau, die die Soldaten anflehte, ihr das Kind nicht wegzunehmen. Sie wollte es auf ihren Rücken binden und Arbeiten. Die Soldaten beruhigten sie zunächst und deuteten an, das Kind ihr lassen zu wollen. Doch beim Einsteigen in den verdunkelten Transporter riss ihr ein Soldat das Kind aus den Armen, schmiss es einem Kameraden zu, der sich schnell entfernte und stieß die Frau auf die Ladefläche. Dort brach die Frau, ohnmächtig vor Schmerz, zusammen. Erst ein paar Tage zuvor hatte die Frau vom Tod ihres Mannes in der Trudarmee erfahren, jetzt wurde auch sie einberufen.

Maria Gerber hatte zu dieser Zeit noch keine Kinder, aber sie konnte sehr gut diesen unbändigen Schmerz und die Trauer dieser Frau verstehen.



Dieses Video ist von unserem Partner VIRA e.V. im Rahmen ihrer Veröffentlichung "1941-1956 Schicksalsjahre der Deutschen in der Sowjetunion - Zeitzeugen/Trudarmisten melden sich zu Wort" produziert worden.





Tauschen Sie sich über den Beitrag aus.


{ccomment on}